Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Re: Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Beitragvon Radiergummi » Sonntag 16. Juli 2023, 16:28

Hallo,

heute, 16.07.2023, erneutes Schwärmen bei P. rufescens.
Zeitpunk der Beobachtung: ca. 15:30 in 1110 Wien.
Was man immer wieder bei diesen Nestern zum Zeitpunkt des Schwärmens beobachten kann, ist das auf- und ab-Laufen der Hilfsameisen an Nest-nahen Pflanzen, z.B. Grashalmen. Dierses Verhalten ist mir von reinen Serviformica Nestern nicht bekannt.
16.07.2023 mit Abflug von P. rufescens Männchen:
https://www.youtube.com/watch?v=ZpNCmOwDgRE
https://www.youtube.com/watch?v=0ePQK0u22Z0

oder: 11.08,2014, Hilfsameisen auf einem großen P. rufescens Nest im 21. Bezirk Wien
https://www.youtube.com/watch?v=2SR7YwuzcuE
https://www.youtube.com/watch?v=DTz0nPYeR4c
https://www.youtube.com/watch?v=2MyX0ogxImY

Zum Vergleich: So schwärmen F. rufibarbis Männchen
https://www.youtube.com/watch?v=KlzwvRht85k&t=43s

Hallo Boro,
es stimmt, dass es bei der Vergesellschaftung verschiedener Serviformica Spezies zu geringen Problemen kommen wird. Zunächst werden die frisch geschlüpften F. rufibarbis Puppen von den F. cunicularia etwas misßhandelt oder ignoriert werden. Sobald es einge rufibarbis geschafft haben, werden diese sich um die restlichen rufibarbis Puppen kümmern können. Dann wird es kurzfristig zu einem Mischvolk kommen. Die Polyergus Gyne sollte dadurch nicht zu Schaden kommen. Ich habe solche Mischvölker schon erfolgreich hoch ziehen können, auch Mischvolker P. rufescens mit F. rufibarbis/ F. fusca als Hilfsameisen.
Bei der Vergesellschaftung von P. rufescens Gynen mit ca. 10 Hilfsameisen hatte ich auch schon erfolgreiche Ergebnisse, ich bevorzuge aber die natürlichere Methode bei der es zur Tötung der Wirtskönigin kommt.

Das Auswildern der Völker ist generell problematisch, denn in der Natur ist so ziemlich jeder geeignete Standort belegt. Problematisch für die ausgewilderten Völker sind v.a. Lasius, Tetramorium und Solenopsis Nester. Und die ausgesetzten Nester werden auch mehrfach umziehen, bis sie einen für sich geeigneten Standort gefunden haben. Das hat schon mehrfach zu Mißerfolgen, selbst bei betreuten Nestern, im Garten vor der Haustür geführt. So hatte ich schon Nester ausgesetzt, die zwei Jahre lang Raubzüge machten und dann gingen sie ein. Das beobachte ich übrigens auch bei natürlich vorkommenden Nestern, dass diese oft nur kurzlebig sind bzw. nach wenigen Jahren spurlos verschwinden. Das ist hier in Wien leicht zu beobachten, da Naster oft eingeschränkte Lebensräume, aufgrund umliegender Strassen, Häusern, Grünstreifen, etc., haben. Die Nestdichte ist auch oft so hoch, dass es zu intraspezifischen Kämpfen kommt. So etwas konnte ich auch schon mehrfach beobachten, erst kürzlich wieder am 11.07.23 am Donaukanal Wien; leider habe ich hier den Angriffszeitpunkt verpasst. Die Nester waren ca. 30 Meter voneinander entfernt. Ich hoffe, dass zumindest eines der Nester überleben wird.
20230711_182307.jpg
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Re: Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Beitragvon Boro » Montag 17. Juli 2023, 09:00

Hallo Radiergummi!
Für deine Beobachtungen hast du ganz schön viele Zeit aufgewendet! Nun, die Eskorte von Arbeiterinnen beim Schwärmen der Geschlechtstiere kommt allgemein häufiger vor, mir fallen da gerade Solenopsis fugax oder Camponotus piceus ein. Beim Schwärmen von Polyergus habe ich auch ein hohes Maß an Erregung bei den Hilfsameisen beobachtet, während die eigenen Amazonen-Arbeiterinnen der Vorgang wenig zu interessieren scheint. Diese Erregung der Hilfsameisen geht so weit, dass diese vor allem am Beginn des Schwärmens immer wieder versuchen, einzelne Geschlichtstiere am Abflug zu hindern oder ins Nest zurückziehen wollen. Ich habe das so interpretiert, dass der Schwarmvorgang der Amazonen zeitlich (und jahreszeitlich) mit jenem etwa von F. cunicularia nicht übereinstimmt. Es ist vermutlich die Reaktion auf einen für die Hilfsameisen ungewöhnlichen Vorgang: Die Serviformica-Arten schwärmen alle (?) am Morgen od. frühen Vormittag - je nach Witterung bzw. Temperatur. Polyergus schwärmt aber nach dem Sonnenhöchststand bei der größten Hitze. Anlässlich der Befassung mit dem Schwarmvorgang bei Polyergus zeigte sich immer, dass sich das Schwärmen bei Temperaturen jenseits der 30° zeitlich nach hinten verschiebt bzw. abgebrochen wird. Ich hab damals einen Versuch gemacht: Es hatte 35°(im Schatten), Geschlechtsitiere wie Hilfsameisen sind verschwunden, wenn einzelne Wolken vor die Sonne zogen, wurde der Vorgang wieder gestartet. Ich habe dann einen Schirm genommen und durch Abschattung den Wolkenaufzug simuliert, wobei innerhalb von ein, zwei Minuten die ganze Gesellschaft wieder auf der Oberfläche erschien war.
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Re: Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Beitragvon Boro » Montag 17. Juli 2023, 13:57

Noch etwas zum intraspezifischen Aufeinandertreffen von Amazonen. Ich habe bisher bei Ameisen noch keine brutaleren Szenen erlebt: Da gibt es nur Mord und Totschlag, ein Amazonenheer versucht das andere Nest auszurotten, sowohl Hilfsameisen als vor allem die anderen Amazonen. Es geht offenbar um eine sehr ausgeprägte Konkurrenz, weil jedes Amazonennest auf möglichst viele Hilfsameisennester angewiesen ist. Bei über 300 Beobachtungen ist es in wenigen Fällen besonders arg gewesen: Beim Überfall eines Amazonennestes durch ein fremdes Heer wurden alle anwesenden Amazonen sofort getötet (der Rest dieser Mannschaft war sicher inzwischen selbst auf einem Raubzug), vor allem auf die Königin gingen sie los, die hatte keine Chance. Schließlich haben alle Hilfsameisen das Nest in Panik verlassen und sind (nachweislich durch Kontrolle) nie mehr zurückgekehrt. Tote und auch Brut blieben liegen, das Nest war ausgelöscht. Die heimgekehrten Amazonen des überfallenen Nestes blieben im Nest sitzen und sind nach wenigen Tagen verhungert.
Eine traurige Geschichte...............................
L.G.
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