Das Ende einer Ameisen-Gesellschaft

Das Ende einer Ameisen-Gesellschaft

Beitragvon Merkur » Mittwoch 11. August 2021, 16:54

Im Jahre 1984 habe ich einen Walnussbaum gepflanzt, im neu angelegten Vorgarten in Reinheim. Jetzt, ca. 35 Jahre später, musste er gefällt werden.

Es war eine veredelte Walnuss, nicht ganz billig, aber ich liebe Nussbäume seit ich in jungen Jahren im Garten des Großvaters auf einem herum geklettert bin. ;)
Meine Vorstellung war bisher, dass Walnussbäume fast „unkaputtbar“ sind. Selbst wenn der ganze Austrieb mal erfroren war, trieben die Bäume danach wieder aus und lebten weiter.
Einen kapitalen Nussbaum hatte ich hier mal vorgestellt:
1-Kapitaler Nussbaum.jpeg
Nussbaum, über 200 Jahre alt, in Oberbayern
Er lebt noch immer!
Auch mein Bäumchen wuchs heran, wurde über die Jahre zum prächtigen Baum, hier in einem Beitrag über die darin lebenden Ameisenarten.
2-Nussb. 5. Sept.2015.jpeg
Der Baum am 5. Sept. 2015
Immer warf er reichlich Nüsse ab. Ernten wie die im September 2015 konnten wir regelmäßig mit unseren Kindern sowie Freunden teilen.
3-Nussernte 30.09.15 .jpeg
30.Sept. 2015
Ganz ohne mein Zutun wurde der Baum zunehmend von Ameisen besiedelt. Es stellte sich die übliche Gesellschaft ein: Temnothorax affinis, Colobopsis truncatus, Camponotus fallax, Dolichoderus quadripunctatus, die alle in dürren Zweigen, Ästen oder Borke nisten. Lasius niger hat den Baum von unten belaufen. Ich habe in den Foren wiederholt darüber berichtet, wie sie sich an Honig bzw. Insekten einstellten, die ich an passender Stelle auf den Hauptästen platzierte, z. B. hier am 22. April 2016.

Doch seit etwa 3 Jahren musste ich beobachten, wie immer mehr Zweige verdorrten, einzelne Äste abbrachen. In der Hoffnung, den Baum zu sanieren, habe ich tote Äste immer wieder herausgeschnitten (immer seltener fanden sich Ameisen darin). In 2020 erschien der Baum bereits teilweise verkahlt, und in 2021 trieb er nur noch schwach aus. Er hat noch geblüht und kleine Nüsse angelegt. Doch zunehmend sind die jungen Triebe vertrocknet, obwohl es in diesem Jahr wahrlich genügend geregnet hat.
So sah der Baum jetzt Anfang August aus:
4-Nussb.-21-08-06_4116.jpg
6. August 2021, vor der Fällung
Schweren Herzens habe ich ein Unternehmen bestellt, das ihn fachgerecht zerlegt und beseitigt hat. :( Ameisen kamen dabei nicht mehr zum Vorschein; entweder sind sie abgewandert, oder gar verhungert.

Was war der Grund für das langsame Absterben? - Ich habe immer wieder versucht, etwas über Krankheiten der Walnuss zu erfahren. Gärtner wussten nichts, im Internet fand ich die üblichen Krankheiten, die aber alle nicht zu einem völligen Absterben führen. Jetzt, bei einer nochmaligen Suche, stieß ich auf die Erklärung in Wikipedia:
Die Schwarznuss wird gern als Unterlage von Walnuss-Edelsorten verwendet, da diese frosthärter ist, die veredelten Bäume kleiner bleiben und diese Unterlage besser mit schweren und feuchten Böden zurechtkommt. Nachteil ist die geringe Lebensdauer der Veredelung von nur ca. 30 Jahren.
Die Farbe des Holzes der Unterlage sowie deren grobe Borke passen zur amerikanischen Schwarznuss (Juglans nigra).
Darauf wurde beim Kauf vor >35 Jahren nicht hingewiesen. Vielleicht war es damals auch noch gar nicht bekannt: Die Veredelung von Nussbäumen ist recht kompliziert und war damals wohl noch nicht lange vorher entwickelt worden. Es ist schon traurig, wenn solche Produkte auf den Markt kommen, mit großen Versprechungen („bessere Kälteresistenz, geringere Größe, daher für Hausgärten besser geeignet“, etc.), bevor man die Nachteile kennt! - Vor solchen Produkten kann man nur warnen! - Leider bekommt man heute ja kaum noch unveredelte Bäume. :roll:

MfG,
Merkur
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