Ameisensuche geht auch mal schief!

Ameisensuche geht auch mal schief!

Beitragvon Merkur » Freitag 19. März 2021, 18:28

Eine Reise ins Schweizer Wallis im August 2019 zur Suche nach Teleutomyrmex schneideri

Teleutotje hat gerade meinen Beitrag aus der „Ameisenschutz aktuell“ von 2000 gepostet. Darin wird berichtet, dass ich am 5. August 1999 am Simplonpass ein Volk dieser seltenen Art entdeckt hatte. Es war der erste Wiederfund in der Schweiz, 50 Jahre nachdem Heinrich Kutter die Gattung und Art neu entdeckt hatte, im Wallis bei Saas Fee, nahe Zermatt.

Dabei war ich seinerzeit nur dorthin gereist um ein Völkchen von Myrmoxenus stumperi (heute: Temnothorax stumperi) zu „ernten“. Über diese sklavenhaltende Art (Wirtsart: Temnothorax tuberum, eine fakultativ polygyne Art) geistert seit einem halben Jahrhundert eine Behauptung durch die Literatur, wonach bei der Gyne an der Spitze der Mandibeln eine Giftdrüse münde. Die Suche war ein Erfolg, aber das ist eine andere Geschichte. Der Fund von Teleutomyrmex war eine gänzlich unerwartete, wenngleich nicht unwillkommene Dreingabe! ;)
Ab dem 4. August 2019, zwanzig Jahre später, wollte ich mit meiner Frau und Freunden von der Uni Innsbruck den Fundort noch einmal aufsuchen. Unser Ziel war es, ein paar Exemplare der Art für genetische Untersuchungen zu sammeln…

Die Anreise, bei schönstem Wetter, ging über den Grimselpass, eine Route, die ich gerne und vielfach gefahren bin.

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Der Grimselsee
2-Grimsel-Passhöhe-920.jpg
auf der Passhöhe

Abwärts geht es durch das Oberwallis hinunter nach Brig, und dort wieder hoch zum Simplon.
Die Ankunft im gebuchten Hotel in Simplon Dorf war etwas erschwert: Die Straßenzufahrt war abgesperrt!

3-Simplon-Dorf-Ank.921.jpg
Einfahrt verboten!
4-SimDorf-Umzug.924.jpg
Man feiert!
Unter dem Motto „Us Starchs Stuck Heimat" wurde die 5. Heimattagung Simplon Dorf begangen! Das Auto mussten wir außerhalb auf einer Wiese parken, uns durchs Getümmel zum Hotel durchkämpfen. Zum Glück war das Fest am Spätnachmittag beendet, so dass wir Auto und Gepäck holen konnten. Unsere Freunde waren schon angekommen, und wir bekamen einen netten Eindruck vom lokalen Brauchtum.

Am nächsten Morgen zogen wir los, zu meinem ehemaligen Fundort, direkt am Hang gegenüber dem Dorf. Doch leider mussten wir feststellen, dass die Fundstelle von 1999, eigentlich der ganze damals trockenwarm (xerotherm) erscheinende, kurzgrasige und teils steinige Hang, inzwischen wohl intensiver als Viehweide bzw. Mähwiese genutzt wurde, anscheinend „gut“ gedüngt und wohl zeitweise bewässert.

5-Simplon-Dorf-2009.jpg
aus Google Earth, Stand 2009
6-Simplon-Dorf-2019b.jpg
aus Google Earth, Stand 2019
Zum Vergleich zwei Kopien aus Google Earth 2009 und 2019 (eine frühere Aufnahme taugt nichts).
Die Fundstelle war anhand der Masten einer Hochspannungsleitung auf wenige Meter genau zu identifizieren.

Wir haben uns an drei Tagen jeweils mehrere Stunden bemüht: Kaum Tetramorium-Nester, und keine Teleutomyrmex! Auch andere günstig erscheinende Bereiche bis hinauf zur Simplon-Passhöhe haben wir abgesucht, leider ohne Erfolg.

7-Schafe_1933.jpg
Die haben ganz schön gestaunt!
Auf was für Ideen die Touristen so kommen! :roll:
Einzige bemerkenswerte Art war Anergates atratulus, ein Volk direkt am Parkplatz beim Hospiz, auf 2000 m, wo auch reichlich Tetramorium-Nester zu finden waren.

8- Hospiz,-Anerg.jpg
Die Anergates-Fundstelle
Blick vom Parkplaz des Simplon-Hospiz Richtung Hotel Monte Leone. Die Person vorn im Bild steht praktisch am Anergates-Nest.

9-Webcam.jpg
Webcam-Bild
So sieht es übrigens heute, 19. März 2021, dort aus. Da sind die Ameisen gewiss noch lange in Winterruhe! ;)

Ich habe nicht viele Bilder gemacht, lieber Steine gewendet und die Nase in die Nester versenkt. Teleutomyrmex ist nicht gerade leicht zu finden, wenn nicht zahlreiche kleine geflügelte Exemplare vorhanden sind.
Zudem war das Wetter gemischt, wolkig, am zweiten Tag gar regnerisch. Am 8. Aug. mussten unsere Freunde abreisen. So kann es leider auch mal ausgehen, wenn man nach vielen Jahren einen einst „sicheren“ Fundort
wieder aufsucht! Da hätte auch eine noch so genaue Angabe der GPS-Koordinaten nichts gebracht!

MfG,
Merkur
  • 9

Zuletzt geändert von Merkur am Samstag 20. März 2021, 10:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ameisensuche geht auch mal schief!

Beitragvon Erne » Freitag 19. März 2021, 21:53

Einfach wirklich prima gelungene Bilder, die Eindrücke der Region gut verdeutlichen.
Bin jetzt am Überlegen wie ich den Übergang zur Threadüberschrift „Ameisensuche geht auch mal schief“ hinbekomme, war sicherlich auch nur als Aufhänger für eine aufschlussreiche Bilderserie gedacht.

Grüße Wolfgang
  • 0

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