Camponotus ligniperdus - Haltungserfahrungen

Unterfamilie: Formicinae

Camponotus ligniperdus - Haltungserfahrungen

Beitragvon Krabbeltierfan » Montag 21. April 2014, 12:43

Hallo ihr lieben,

im Folgenden wird es um meinen Neuzugang, Camponotus ligniperdus, gehen.

Warum diese Art?
Camponotus ligniperdus besticht durch ihre Größe und die rot-bräunliche bis schwarze Färbung. Der Glanz dieser Ameisen tut sein Übriges. Selbst mit bloßem Auge sind Maxillen und Labium zu erkennen. Mit etwas Fototechnik ist hier noch deutlich mehr zu sehen. Hinzu kommt das, besonders zu Anfang, langsame Wachstum der Kolonie. Für Halter mit vorläufig wenig Platz ist diese Art daher eine gute Option. Wenn diese Kolonie wirklich groß wird, so der Plan, bin ich mit meinem Studium fertig. Dann habe ich auch mehr Geld für mehr Platz! Meine anderen Kolonien habe ich abgegeben, dies ist nun mein einziges Projekt neben Lasius cf. emarginatus, welche jedoch bereits lange bei mir wohnen.

Zu der Art selbst:
Camponotus ligniperdus wirken auf mich bisher sehr gemächlich. Da sich jedoch der Charakter einer Kolonie oft mit der Größe ändert, werde ich die von mir so geschätzte Eigenschaft sicherlich in Zukunft revidieren müssen. Ein oftmals genannter "Nachteil": Die Brut dieser Art braucht eine deutlich längere Entwicklungszeit, als viele andere Arten. Um in der Natur überhaupt etwas "gebacken" zu bekommen, muss die Entwicklung so stark beschleunigt werden, wie dies möglich ist. Zwei Parameter sind hier wichtig: Futter und Temperatur. So ist es nicht verwunderlich, dass Camponotus ligniperdus warme Neststandorte mit direkter Sonneneinstrahlung schätzen. Nester dieser Art finden sich häufig in Kombination mit Totholz, aber auch weichem Holz lebender Bäume. In beiden Fällen sind mehr oder minder große Erdnester vorhanden. Laut Seifert gibt es zudem reine Erdnester, welche von dieser Art beim Fehlen von geeignetem Holz benutzt werden.
Besonders Majore dieser Art gelten als wehrsam, der angeblich überragende Mandibelkampf wird von meiner Kolonie jedoch nicht benötigt. Sorge um die Finger des Halters sind jedoch sicherlich zeitweise berechtigt. Weitere Daten zu dieser Art werde ich bei Zeiten hier verlinken, tabellarische Angaben habe ich bewusst nicht gewählt.

Parameter der Haltung:
Ich als Halter liebe gut eingerichtete, "hübsche" Formicarien. Möglichst naturnah. Das Risiko, dass hier etwas schief geht, ist momentan jedoch zu groß. Daher werden die Ameisen gezielt einer relativ faden Umgebung ausgesetzt. Es handelt sich hierbei um ein Korknest, bestehend aus zwei übereinander liegenden Korkplatten. Die Korkplatten haben eine Stärke von 6 mm, es wird eng. Dieses Nest ist nicht verschraubt oder verklebt. Der Vorteil liegt hier ganz klar darin, dass schnell eingegriffen werden kann. Der Nachteil: Bereits jetzt hat sich der Kork durch die Feuchtigkeit verformt. Mal gucken, wie sich das entwickelt. Ein sehr simples Bewässerungssystem aus Watte, dem Fuß einer Tränke und einem Loch im Kork hält das Nest feucht.
P1100783.JPG

P1100790.JPG
Hier "mündet" die Watte. Der erste Blick auf die Kolonie am Rand, ja die "Dicke" passt in einen Hohlraum mit 6mm Deckenhöhe ;) (Dazu mehr im nächsten Beitrag)

Der Boden des Formicariums ist mit Recycling-Papier ausgelegt. Es ist weniger rutschig als Glas, auf dem diese Art nach ersten Beobachtungen nicht gut läuft. Natürlich können die Arbeiterinnen Glas empor klettern, aber es sieht wenig elegant aus. Als Ausbruchsschutz dient Talkum, welches einfach mit einem Tuch ans Glas "gepudert" wurde.
Das Ganze einmal von oben:
P1100705.JPG
In dem roten Deckel ist natürlich Honig.

Wie man sieht: Es sind keine Wärmequellen Vorhanden. Der endogene Rhythmus dieser Art macht jeden Wunsch nach stark beschleunigtem Koloniewachstum durch deutlich höhere Temperaturen zunichte. Nach Beendigung des Saisonplans wird der Sommer für beendet erklärt. Die durchschnittliche Temperatur in Gefangenschaft, bedingt durch die favorisierte Temperatur des Homo sapiens, ist an sich schon unnatürlich hoch.

Das wars auch schon mit dem ersten Teil, welcher grundsätzliches meiner Haltung darlegen soll. In den folgenden Beiträgen geht es dann um die Geschehnisse innerhalb der Haltung.
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Grüße
Krabbel
  • 6

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Re: Camponotus ligniperdus - Haltungserfahrungen

Beitragvon Krabbeltierfan » Montag 21. April 2014, 18:08

Hey,

am 11.04.2014 kamen die Kolonie unversehrt an. Es handelte sich um eine Königin, begleitet von sechs Arbeiterinnen. Es gab keine Verluste, und das bisschen Zewa im Reagenzglas half den Ameisen relativ zufrieden mit ihrem Heim zu sein. Bestellt habe ich sie bei Kalytta und war natürlich sehr zufrieden. Die Königin ist somit nun eineinhalb Jahre alt, letztes Jahr muss die Gründung erfolgt sein.

Nochmal im Überblick, und weil die Smileys so schön sind ;) (Stand 11.04.14)
:k: :1
:aa: :6
Larven: Nicht gezählt, ca. ein Duzend
Eier: Keine
Puppen: Keine.

Nun denn, das Formicarium wurde bereitgestellt und die Kolonie hinein gegeben. Das neu angebotene Nest wurde teils mit Korkstückchen gefüllt, damit es nicht zu groß ist. Es ist klar, was jetzt passiert: Die Arbeiterinnen entdecken das Nest, räumen ein paar Korkstückchen heraus und ziehen dann dort ein. Langweilig.

Natürlich nicht! Der Halter hatte die Rechnung ohne sture Ameisen gemacht, die natürlich nicht umziehen wollten! Stattdessen wurde das neue Nest entdeckt und die Korkstückchen dazu verwendet, das schnöde, helle und aus Plastik+Zewa bestehende RG neu einzurichten. Merke: Ameisen sind verdammt pragmatisch.
P1100685.JPG
Das RG nach Fertigstellung des Walls gegen die Außenwelt.


Die Woche drauf hat sich nicht viel getan. Es gab im Abstand von 3 Tagen jeweils ein kleines, aufgetautes Heimchen. Honig wurde auch gut angenommen. Die Kolonie wollte nicht umziehen, damit hatte ich mich schon abgefunden. Wie lange das wohl so geht... . Egal, wenn sie es mögen, soll es so sein. Bei der Fütterung dieser Art habe ich als Halter folgendes gelernt: Camponotus ligniperdus kaut, zumindest als kleine Kolonie, verdammt lang an einem Heimchen herum. Es scheint nur wichtig zu sein, dass dieses zwischendurch nicht austrocknet. Dazu später auch noch ein Foto. Am 17.04.14, also letzten Donnerstag, gab es das letzte Heimchen. Dann ging es für mich in die Heimat und die Kolonie war zu ersten mal allein.

Irgendwann in dieser Zeit, zwischen "Juhu der Halter ist weg" und "Der kommt bestimmt bald wieder" hat sich die Kolonie dann doch für einen Umzug bereit erklärt! Nun komme ich Ostersonntag abends zurück und darf meine Ameisen, auf dem von Donnerstag gereichten Heimchen kauend, im neuen Nest bewundern. Ein schönes Ostergeschenk.
P1100760.JPG
Ein bereits reichlich zerfleddertes Heimchen.

P1100727.JPG
Als Ostergeschenk gab es gleich ein neues Heimchen. Das ist schon etwas eklig.


Auch die Königin passt, da gab es zu Anfang bedenken, in das neue Nest. Vielleicht wurde hier und da etwas geschoben, gezerrt und sie muss sich auch wirklich ducken. Ausstrecken ist nicht drin!
P1100722.JPG
Muss die Beinchen einklappen: Eine Hochgeborene mit ihren Schergen.


Bei der Gelegenheit gab es gleich viel zu beobachten und bestaunen. Erstens: Es sind tatsächlich nicht sechs Arbeiterinnen, es sind sieben. Der Halter kann nicht zählen, oh weh! Wenn das später nicht mal genutzt wird, um unbemerkt zu entkommen... . Zweitens: Die Larven dieser Art sind wohl mit die aktivsten, die ich je gesehen habe. Starke Kopfbewegungen, ich vermute es wird Nahrung erbettelt?, wurden von einer Larve überdeutlich ausgeführt. Erstaunlich schnell für diese sonst so faulen weißen Würmer, die scheinbar nichts können außer rumliegen und getragen werden. Und drittens: Die erste Puppe ist erschienen, noch ganz frisch! (Keinerlei schwarze Punkte und wohl sehr weich, so sah es aus zwischen den Mandibeln der Imagos). Der plötzliche Lichteinfall scheint den gesamten Trupp nicht zu kümmern, die reagieren nur bei Erschütterungen. Warum auch immer. Und der vierte und letzte Punkt: Eine Arbeiterin fütterte eine Larve scheinbar durch Trophallaxis. Eine große Larve bekam jedoch, gut sichtbar, einen kleinen Brocken aus dem Heimchen. Larven und Futter liegen auch stehts dicht beieinander.

Ich bin gespannt, wann die Puppe schlüpft. Abschließend die Statistik vom 21.04.14:
:k: :1
:aa: :7
Larven: Soviele wie vorher, -1
Eier: Noch keine. Muss auch nicht, gibt genug Larven.
Puppen: 1

Grüße
Krabbel
  • 5

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Re: Camponotus ligniperdus - Haltungserfahrungen

Beitragvon Krabbeltierfan » Montag 19. Mai 2014, 22:21

Hallo ihr APler,
liebe Gäste,

die letzte Zeit war etwas stressig. Sei es der ewige Mahlstrom der Forenkeilerei oder aber privates. Nun ist es aber endlich Zeit für ein neues Update zu meinen Camponotus ligniperdus. Es gibt erfreuliches zu berichten, aber auch viel Schlechtes. Der Reihe nach:

Am 4.05.14 wurde tatsächlich das erste Ei gelegt. Meine Königin hat sich dabei nicht Lumpen lassen und wirklich eine tolle Form hinbekommen, ganz typisch für diese Art, die gelbliche Färbung.
P1110233.JPG
Das erste Ei


Auch der Brut ging es wirklich gut. So haben die kleinen wirklich schön viele Puppen zustande gebracht. Hier gab es sogar eine größere Puppe, auf dessen Schlupf ich mich sehr gefreut habe. Es haben sich tatsächlich alle Larven, außer drei, verpuppen können...
P1110272.JPG

P1110391.JPG

P1110420.JPG


...aber genau darin liegt auch das Problem. Normalerweise verpuppen sich alle, wenn die Bedingungen stimmen. Zumeist sind auch alle Puppen in der Lage zu schlüpfen. Hier war dies leider nicht der Fall. Aus für mich zuerst unbekannten Gründen wurde zu aller erst eine Larve gefressen.
P1110292.JPG
Kaputt :/

Letztendlich wurden sogar zwei Larven recycelt. Es blieb wirklich nichts übrig.

Aber es gab schließlich noch Puppen! Die hatte die kritische Phase hinter sich und mussten nur noch heranreifen. Falsch gedacht. Nun sind auch die Puppen getötet worden, bis auf zwei. Auf diesem Foto sieht man, wie ausgerechnet die große Puppe aufgemacht wurde (Fotos von den zerteilten Nacktpuppen habe ich leider nicht, auch wenn ich es gesehen habe).
P1110408.JPG
Tschüß :(


Du den Ursachen dieses Verhaltens: Wie auch bei einem anderen Haltungsbericht hier im Forum, von Nimo, standen auch meine Ameisen am offenen Fenster!
das offene Fenster ist nicht weit und wenn ich recht erinnere, dann habe ich es vergessen zu schließen am Sonntag, sprich es war den ganzen Tag auf... :(

Meine standen sogar direkt am Fenster. Aufgrund der Kälte bildete sich zudem noch Kondeswasser an der Decke, also der Scheibe, sodass die Puppen und Larven sicherlich eine Überdosis Wasser abbekommen haben. Dann auch noch die plötzliche Kälte...das konnte nicht gut gehen! Jetzt stehen sie im Regal, fernab jeglicher Temperaturschwankungen.

Nun aber wieder zu den erfreulichen Dingen. Am 04.05.14 gab es das erste Ei. Als ich gesehen habe, das dort was unterwegs war, wurde sofort gefüttert. Obwohl die Königin bereits physogastrisch war, schien es mir sinnvoll für Material zu sorgen. Seht selbst, was noch hinzu gekommen ist:
P1110476.JPG
Mehr Eier

P1110592.JPG
27 gezählte Eier!


Wenn die meisten dieser Eier Arbeiterinnen werden, ist das nach dem vorherigen Rückschlag trotz allem noch eine gute Saison. Vielleicht kommen ja nochmals eine weitere Welle Eier nach, wenn diese verpuppt sind. Zudem haben bisher zwei Puppen überlebt. Eine davon ist nun, endlich, eine Arbeiterin geworden :) Die hängt noch viel bei der Königin herum und macht nicht viel, aber das wird schon noch.
P1110671.JPG
Nachschub!


Zudem eine skurrile Geschichte am Rande.
Zu Dekorationszwecken habe ich die Idee gehabt, einen kleinen Stock in das Formicarium zu geben. Meine Ameisen sahen dies zum Anlass, diesen in den Eingang zu zerren. Das war zwar sehr süß und die Arbeiterin hat sich auch redlich bemüht, allerdings habe ich das Ding einfach wieder herausgezogen. Es blockierte den Eingang zu sehr. Als Antwort auf diese Tat sahen sich die Ameisen gezwungen, getrocknete Heimchenleichen in den Eingang zu stapeln. Wall of Death, der ein oder andere Metal-Fan wird diesen Begriff kennen, mal anders. Ein Mitbewohner meinte es erinnere Ihn an den Film 300 - geht auch.
Mittlerweile habe ich Hirse als Alternativstoff angeboten. Diese werden nicht angenommen, die Camponotus ligniperdus tun sich schwer, die Kügelchen zu tragen. Meine Messor, selbst bei gleicher Größe, haben dies immer hinbekommen. Ein beweis für die Spezialisierung?
P1110452.JPG
Wall of Death


So. Es war ein langer Tag. Nun gehe ich schlafen.
Grüße
Krabbel
  • 4

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Re: Camponotus ligniperdus - Haltungserfahrungen

Beitragvon Krabbeltierfan » Samstag 16. August 2014, 17:15

Hey,

nach langer Zeit wieder ein Update.
Letztendlich hat die Kolonie es bis heute nicht geschafft sich zu vermehren, sie haben sich sogar um eine Arbeiterin reduziert.
Die Kolonie besteht somit momentan aus einer Königin, sechs Arbeiterinnen und einer großen sowie 4-5 kleinen Larven. Das Brutgeschäft ist seit Anfang diesen Monats auf jeden Fall abgeschlossen und die Tiere warten auf ihre Winterruhe.

Zuerst lag bei mir das Nest im Visier, als ich nach Fehlerquellen suchte. Die Bewässerung schien mir bei der Hitze zu unregelmäßig, sodass ich Schäden an der Brut für möglich hielt. Zudem standen die Ameisen zwecks Kühlung am Fenster, sodass sich 2-3 Mal Kondenswasser gebildet hatte. Nun mussten die kleinen umziehen, ich nahm also ihr Nest auseinander und die Ameisen sind dann auch ganz schnell in das angebotene Reagenzglas gezogen. In der Zeit danach sind zwei weitere Arbeiterinnen geschlüpft, welche jedoch nie vollständig ausgepackt wurden. Nach ca. einer Woche des Zappelns in Resten ihrer Puppenhülle sind sie gestorben. Kurze Zeit darauf starb zudem eine der ursprünglichen Arbeiterinnen, die Kolonie verbleibt seitdem in Inaktivität.

Ein weiterer Verdacht liegt in den hohen Temperaturen, die hier stehts herrschen. Die letzten Monate waren grausam, 30°C erreichte mein Zimmer leider immer. Nun bin ich im zweiten Stock, es gibt hier keinen Keller und sonst nur einen Dachboden als dritter Stock, der mein Zimmer jedoch bei weitem in Sachen Temperatur übertrifft. Wenn es an den Temperaturen liegt, kann ich den Ameisen leider keine Alternative bieten.
Nun haben es auch schon Formica sanguinea unter diesen Bedingungen gut ausgehalten, weshalb ich die Empfindlichkeit von C. ligniperdus nicht verstehen kann.

Somit etwas desillusioniert(daher auch ohne Fotos) und auf den Frühling hoffend...
Krabbel
  • 3

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