Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Freitag 29. Mai 2015, 13:50

Wenn`s auch nicht genau zum Thema passt: Wir sprachen weiter oben über das interspezifische Verhältnis von Manica rubida zur syntop vorkommenden Art der cinerea-Gruppe, hier F. fuscocinerea. Hier sind Fotos mit der Bridge-Kamera aus 2009, die Qualität ist leider schlecht. Nicht nur die größte Knotenameise wird oft Opfer der aggressiven F. fuscocinerea, sondern auch die größte heimische Schuppenameise kann im Visier dieser Art stehen (Genickbiss)!
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Trailandstreet » Freitag 29. Mai 2015, 22:07

Dieses Aggressionspotential ist schon beeindruckend. Da kommen ja nicht mal Formica s str nach.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Freitag 5. Juni 2015, 15:53

Anbei einige Bilder von Manica rubida Arbeiterinnen bei der Trophobiose.
Manica rubida bei der Aufnahme von Honigtau.JPG
Manica rubida bei der Trophobiose.JPG
Manica rubida besucht Blattläuse.JPG


Boro hat ja eingangs dieses Themas schon gesagt, dass M. rubida auch Blattläuse besucht und dafür sogar Bäume beläuft. Im Seifert (S. 194) ist ebenfalls erwähnt, dass sich Art "wohl hauptsächlich zoophag" ernährt, "doch auch Trophobiose" vorkommt. Dass man M. rubida eher selten bei der Aufnahme von Honigtau beobachten kann, zeigt auch die "vorsichtige" Formulierung im Ameisenwiki:
Die Ernährung ist zoophag (kleine Insekten) vermutlich auch trophobiotisch (Blattläuse)
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Samstag 6. Juni 2015, 07:02

Hallo Reber!
Das sind wichtige Aufnahmen! Obwohl ich Manica seit Jahrzehnten in allen möglichen Biotopen immer wieder gefunden bzw. beobachtet habe, konnte ich bisher eine so deutliche Beziehung zu Läusen nicht beobachten. Es ist richtig, dass ich Manica an einigen Ahornbäumen beobachten konnte, wie sie sich mit voller Gaster hinab bemühten, aber die dazugehörige Aktion hat wohl in der Höhe stattgefunden. Von der Bildung einer "Straße" konnte man nicht sprechen, es handelte sich nur um einzelne Tiere. Dort unterlagen sie dem schon erwähnten starken Konkurrenzdruck durch F. fuscocinerea. Ich hatte irgendwo ein Foto, wo sich eine einzelne Manica auf einer Pflanze vorsichtig einer Läusekolonie nähert....aber dort saßen schon etliche der eben genannten Konkurrenten. Auch hier sind die weitaus schnelleren und geschickteren Serviformica im Vorteil und diese bilden vor allem dicht belaufene "Ameisenstraßen", sodass keine andere Art eine Chance hat, sich der Nahrungsquelle zu nähern.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Trailandstreet » Samstag 6. Juni 2015, 11:05

Ich finde auch, dass die Knotenameisen generell keine so intensive Trophobiose wie ihre formicinen Schwestern haben. Ich beobachte auch oft Myrmica oder Temnthorax auf Pflanzen (mit Läusen) oder auch am Nektar derselben, aber so wirklich "intensiv bewirtschaftet" sieht das nicht aus. Sie nehmen es halt mit, weil es sich grad anbietet. Lasius und Serviformica treiben es dafür sozusagen auf die Spitze.
Ich kenne eine große Kolonie Formica cunicularia, am Fuße eines jungen Ahorn, bei dem im Sommer eine massiv belaufene Straße den ganzen Stamm hoch, bis in jedes Blatt läuft und wieder zurück. Dies dürfte dann auch die Hauptquelle ihrer Kohlehydrate sein. Den Rest finden sie im umliegenden Rasen.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Sonntag 7. Juni 2015, 15:06

Hallo Boro,
wenn ich mich recht erinnere, habe ich Manica rubida auch nur selten so deutlich bei der Tropobiose beobachten können. Die Fotos entstanden im Uferbereich eines kleinen Stausees auf rund 900 m.ü.M. In unmittelbarer Nähe konnte ich keine anderen Ameisen entdecken. Im nahe gelegenen Wäldchen dominiren Camponotus herculeanus. Eine Serviformica Superkolonie konnte ich nirgendwo ausmachen. Einzelne Nester der Untergattung entdeckte ich nur auf der andern Seeseite. Das Manica-Volk schein kaum Konkurrenz zu haben. Die Blattläuse auf der 30cm hohen Distel wurde übrigens so inteniv besucht, wie das bei anderen Ameisen der Fall ist, es sah nach "Ameisenstrasse" aus. Ein ungewöhnliches Bild, da Manica ja in der Regel ausserhalb des Nestes einzeln unterwegs sind.

@Trailentstreet:
In der Regel stimmt deine Beobachtung schon. Nur, auch Knotenameisen - besonders fällt mir Myrmica rubra auf - könnnen Blattlauskolonien sehr intensiv besuchen und beschützen. Ich kenne ein Gebiet, da bildet Myrmica cf. rubra 10 cm breite Strassen auf Bäume. Sie verteidigen "ihre" Bäume dort auch gegen starke Serviformica-Verbände aus der cinerea Gruppe! Auch in hohen Wiesen - wo der Konkurrenzdruck für Myrmica etwas nachlässt - kann man beobachten wie die Knotenameisen Trophobiose betreibt, die der von Lasius und Formica in nichts nachsteht.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Freitag 19. Juni 2015, 13:31

Intraspezifische Konkurrenz konnte ich bei Manica rubida eher selten beobachten. Kein Wunder, gilt die Art doch trotz ihrer beachtlichen Stärke als "tolerant" - besonders gegenüber anderen Knotenameisen, die nicht selten einfach weggetragen werden, wen sie stören. Seifert berichtet zudem von "ausgedehnten, oligogynen Koloniesystemen, deren Kolonienduft durch permanenten Austausch von Postpharyngealdrüsensekret homogenisierte wird." In solchen Koloniesystemen sind die jeweiligen Königinnen allerdings (im Gegensatz zu den Arbeiterinnen) "separiert und untereinander feindlich." (S.193).

Dennoch kommen innerartliche Kämpfe auch bei Manica vor. Hier ausgerechnet an einer Stelle, wo Manica nicht selten von einer Formica aus der cinerea-Gruppe bedrängt wird. Anders als beimletzten Mal, hielten sich die Formica volständig aus dem Geschehen heraus. Ob es am Wetter lag? Es war stark bewölkt und regnete leicht.
Manica intraspezifische Konkurrenz 5.JPG
Manica intraspezifische Konkurrenz3.JPG
Manica itraspezifische Konkurrenz2.JPG
Manica Intraspezifische Konkurrenz.JPG
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Samstag 20. Juni 2015, 09:06

In geeigneten Habitaten kommen bei M. rubida immer wieder oligogyne Nestststrukturen vor, nebeneinanderliegende Nester, die in der Regel eine eigene Königin besitzen. SEIFERT schreibt (S. 193), dass durch permanenten Austausch von Postpharingealdrüsensekret der Kolonieduft zwischen verschiedenen Nestern homogenisiert wird. Diese Homogenisierung wird durch ständigen Kontakt der Arbeiterinnen nebeneinanderliegender Nester erreicht, was schließlich dazu führt, dass sich die Arbeiterinnen mehr od. weniger friedlich begegnen und sogar die "gegnerischen" Nester besuchen dürfen. Ich hatte subjektiv gesehen in etlichen Fällen den Eindruck gewonnen, dass dieser "Besuchstourismus" auch über gegenseitigen Brutaustausch funktionieren könnte. Welchen Sinn sollte es sonst haben, wenn Arbeiterinnen oft tagelang Brut zwischen benachbarten Nestern hin- und hertragen?
Allerdings läuft dieser Kontakt zwischen Individuen benachbarter Nester nicht immer völlig konfliktfrei ab, mitunter konnte ich oft ein Hin- und Herziehen der Nachbarin oder gar eine rüde Behandlung an der Oberfläche erscheinender Geschlechtstiere durch andere Arbeiterinnen beobachten. Das sieht mitunter etwas dramatisch aus, scheint aber zum "Ritual" zu gehören.
Arbeiterinnen aus der Nachbarschaft mit wenig oder nicht homogenisiertem Kolonieduft können auch ernsthaft bekämpft werden....
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Mittwoch 20. Juli 2016, 17:00

Wenn es einige Tage nicht regnet, kommen die typischen Manica-Nesteingänge bei grossen Kolonien besonders schön zur Geltung. Der Auswurf wird zu gleichmässigen Kratern angehäuft, die mehrere zentimeterhoch sein können:
Auswurf Manica rubida Nest.JPG
Krater Manica rubida Nest.JPG
Krater Manica rubida Nesteingang.JPG
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Mittwoch 19. Juli 2017, 15:52

Kurzmedlung zu Manica rubida: Die Art steigt im Gebirge höher als bisher angenommen (SEIFERT, S. 193: bis 2000m), Fund einer dealaten Gyne am 18. Juli 2017 auf dem Gipfel des Zirbitzkogels (47°3' 0" N/14°34' 0" E) in 2396 m Höhe, offenbar furagierend, was auf eine erfolgte Nestgründung schließen ließe, leg. et det. Roman Borovsky. Der Gipfel befindet sich nahe der Grenze Steiermark-Kärnten (Österreich).
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Phillip Alexander » Mittwoch 19. Juli 2017, 19:30

2013 bin ich nach dem Besteigen des Berchtesgadener Hochthrons (1973m) auf dem Gipfel in einen Manica rubida Schwarmflug geraten, es liefen zahllose Königinnen herum und das in einer Höhe, in der wir alle paar Minuten von dichten Wolken eingehüllt wurden, was den Aufstieg etwas erschwerte. Das beweist natürlich nicht, dass es dort auch wirklich Nester gab, aber erstaunt hat es mich schon, derart viele Königinnen in so großer Höhe zu finden.

LG, Phillip
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Merkur » Donnerstag 20. Juli 2017, 16:39

Zu Boro
Kurzmedlung zu Manica rubida: Die Art steigt im Gebirge höher als bisher angenommen (SEIFERT, S. 193: bis 2000m), Fund einer dealaten Gyne am 18. Juli 2017 auf dem Gipfel des Zirbitzkogels (47°3' 0" N/14°34' 0" E) in 2396 m Höhe, offenbar furagierend, was auf eine erfolgte Nestgründung schließen ließe,…

Ich halte diesen Fund für eine Ausnahme. Ob man daraus ableiten kann, dass der Lebensraum der Art generell bis in solche Höhe reicht, sei dahingestellt, auch wenn gelegentlich mal ein Koloniegründungsversuch dort möglich erscheint.

Mir sind zwei vergleichbare Beispiele gegenwärtig.
1) So hat H. Kutter in seiner Beschreibung der parasitischen Leptothorax pacis (ehemals Doronomyrmex pacis) angegeben: Ein flügelloses Weibchen am Gipfel des Eggerhorn (2500 m) bei Binn, 24. Juli 1945, allein über einen Stein laufend.
1950 schreibt er, wie er die Art dort trotz wiederholter mühsamer Suche nicht wieder finden konnte, obwohl die Wirtsart L. acervorum dort am Gipfel vorkam. Wir haben später intensiv nach dieser Art gesucht, und wir wurden fündig im Binntal, aber an den warmen Südhängen, rund 1000 m niedriger! Auch Kutter vermutete bereits, dass sein Erstfund zufällig durch einen Windstoß auf den Gipfel geweht worden war. Alle später entdeckten Nester wurden jedenfalls deutlich unterhalb von 2000 m gefunden.

2) Ein weiteres Beispiel für Ameisenköniginnen, die an „unmöglichen“ Orten auftauchen, war am „Goldsee“, einem kleinen Karsee nahe dem Stilfser Joch (Südtirol, 2757 m): Es muss Ende Juli 1995 gewesen sein, dass ich mit Studierenden vom Stilfser Joch zum Goldsee gewandert bin. Er liegt auf 2770 m Höhe, hoch über der dortigen Waldgrenze. Zu dem Zeitpunkt war der Rand des kleinen Sees noch von Schneeresten bedeckt, und unter großen Steinen lag Eis. Dennoch fanden sich Hunderte von geflügelte Gynen einer Waldameisenart (Formica s. str., leider nicht bestimmt) unter den Steinen, zum Teil angefroren oder im Schmelzwasser ertrunken. Sie dürften beim Hochzeitsflug weit über ihren normalen Lebensraum hinauf getragen worden sein.

MfG,
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Sonntag 23. Juli 2017, 08:26

Merkur könnte durchaus recht haben. In den letzten Wochen haben Exkursionen und Geotage der Artenvielfalt (zuletzt 21./22. Juli 2017) Funde geflügelter Geschelchtstiere gebracht, die überhaupt nicht in diese Höhe passen. Ich erläutere diese Vorkommnisse in einem schon bestehenden Thread, der dieses Thema zum Inhalt hat: viewtopic.php?f=16&t=1212&p=9842&hilit=Fernverfrachtung#p9842
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Sonntag 23. Juli 2017, 14:25

Hallo Boro, es ist, wie du und Merkur angemerkt haben gut möglich, dass die Gynen durch den Wind verfrachtet wurden. Ich habe dieses Thema zum Anlass genommen, mir zu überlegen, wo ich in höheren Lagen schon Manica-Nestern begegnet bin. Ich habe natürlich in den Ferien bisher nie auf die Fundhöhe geachtet, kann mich aber an ein grosses Nest erinnern, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in über 2000 Meter Höhe gelegen haben muss. Das war 2013 in Arolla! Das Dörfchen liegt im Kanton Wallis und je nach Angaben auf 1998 oder 2006 m ü. M und das Nest ist mir bei einem Aufstieg am Rande eines Bergweges oberhalb des Dorfes aufgefallen.

Da werd ich wohl bald mal wieder hin müssen ;)
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Dienstag 22. August 2017, 19:02

Heute hatte ich endlich wieder mal Zeit, für eine Fahrt ins Blaue. Die hab ich gleich genutzt, um etwas Hobby-Myrmekologie zu betreiben. Wie im obigen Beitrag erwähnt, erinnerte ich mich an eine Manica-Kolonie, die überhalb von 2000 m.ü.M leben musste. Dies - und mehr - hat ein Besuch heute in Arolla bestätigt. Die Kolonie esxistiert noch, sie liegt an einer Strasse oberhalb des Dorfes und besetzt eine ganze Mauer. Die Nesteingänge sind sowohl oberhalb wie auch unterhalb der Mauer und über die ganze Länge zu finden. Die Mauer liegt je nach Höhen-App des Handys auf 2068 oder 2077 m.ü.M., die Dinger sind wohl nicht sehr genau, die App welche "konservativer" misst (und die besseren Bewertungen hat), gibt eine Toleranz an +/-4.m:
Manica-Nest auf über 2000m.JPG
Das Nest liegt über dem Dorf, ca. 2068 m.ü.M.
Manica Mauer2.JPG
Die Kolonie hat eine ganze Steinstützmauer in Beschlag genommen
Manica Mauer.JPG
Einer der vielen Nestausgänge


Das höchste Manica-Nest, dass ich finden konnte befand sich auf 2100 m.ü.M, das liegt in Arolla noch unter der Baumgrenze (die ja je nach Bedingungen variert, wie wohl auch die "Nestobergrenze" bei Ameisen). Ich habe dort auch aufgehört weiter nach Nestern der Knotenameise zu suchen, weil oberhalb ein Wäldchen beginnt, umgeben von Wiesen mit hohem Gras. Gut möglich, dass ich in höheren Gebieten wieder fündig gworden wäre. Dier Art ist dort häufig und das grösste Problem das sie zu haben scheint, ist der Konkurrenzdruck der echten Waldameisen. Formica s. str. bilden riesige Nester und dies fast in jedem Wäldchen, aber sie fouragieren auch über klassischen Manica-Gebiete (Geröllhalden mit sandbänken, magere Trockenwiesen, Strassenränder). Fehlen die Waldameisen lokal, kommen zahlreiche andere Arten vor (gesehen habe ich neben Manica: Coptoformica, Servivormica, Camponotus).
Manica 2100.JPG
Kleines Nest, 2100 m.ü.M.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Dienstag 5. Juni 2018, 11:52

Laut Seifert ist die Ernährung bei Manica rubida noch immer wenig untersucht. Und tatsächlich werde ich nicht wirklich schlau daraus, wovon sich die Manica-Kolonien, die einer starken Konkurrenz von Formica fuscocinerea ausgesetzt sind ernähren. Ich beobachte nun schon mehrere Jahre Manica-Kolonien, die gemeinsam mit F. fuscocinerea auf einer Insel leben (Sandbank inmitten eines Baches (manchmal trocknet ein Flussarm einseitig aus).

Manica bringt dort Jahr für Jahr grosse Arbeiterinnen und Geschlechtstiere hervor. Unbehelligt bewegen können sich die Tiere allerdings nur im Bereich ihrer Nesteingänge. Kaum 50 cm weg vom Eingangsbereich sind starke, gemeinschaftlich agierende F. fuscocinerea-Verbände unterwegs, die die einzelnen Manica attackieren und augenscheinlich alle Insekten-Nahrung abtransportieren bzw. Blattlauskolonien besetzen. Man sieht die roten Riesen zwar fouragieren, aber nichts eintragen.

Manica wird angegriffen.JPG

Habt ihr irgendwelche Theorien, wie es die Knotenameise trotzdem schafft, die Stellung zu halten?

Ganz ein anderes Bild ergibt sich dort, wo Manica rubida ohne die Konkurrenz von F. fuscocinerea zurechtkommen kann. Dort erscheint sie als ganz "normale" Ameise und trägt massig Insekten ein - vereinzelt sogar gemeinschaftlich!

Manica trägt Futter ein.JPG
Manica trägt Futter ein 1.JPG
Manica trägt Futter ein 3.JPG
Manica trägt Futter ein 2.JPG

Ausserdem konnte ich zum ersten Mal überhaubt beobachten, dass die Tiere eine Ameisenstrasse bildeten: Diese war recht dünn, ca. 1,5 m lang, wurde gezeilt in beide Richtungen belaufen und war obtisch auch als solche zu erkennen (von Hindernissen befreit).

Manica Strasse.JPG
Manica belaufen Strasse.JPG
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Trailandstreet » Dienstag 5. Juni 2018, 18:08

Mein erster Gedanke dahingehend wäre wohl, dass die eher nachtaktiv sind und vielleicht da den Großteil ihrer Futterreserven eintragen.
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Boro » Mittwoch 6. Juni 2018, 11:03

1. Die Koexistenz von Manica rubida und Formica fuscocinerea kann ich bestätigen. Ich habe beide Arten jahrelang beobachtet und festgestellt, dass ein echter Verdrängungswettbewerb besteht, es geht um Nahrungskonkurrenz. Die hervorragende Teamarbeit und Schnelligkeit von Serviformica ist hier Manica in allen Belangen überlegen; in seltenen Einzelkämpfen sieht es für Manica aber recht gut aus. In den flussnahen Beobachtungsgebieten besteht bzw. ergibt sich im Laufe der Zeit eine gewisse räumliche Trennung: Manica besetzt feuchte Positionen in Uferbereichen von Flüssen, während Serviformica die eher etwas höher gelegenen und trockenen Bereiche besiedelt. Manica kommt auch mit etwas weniger guten, offenen Bereichen zurecht, etwa mit Wegen. Bei zunehmender Beschattung verschwindet zuerst die thermophilere Serviformica und erst später Manica.
Beide Arten kommen sich aber auch im städtischen Bereichen oft ins Gehege. Dabei ist mir aufgefallen, dass die unter Konkurrenzdruck stehenden Nester von Manica subjektiv gesehen größere Arbeiterinnen hervorbringen. Dieses Phänomen kann ich bis jetzt nicht erklären. Im Gebirge (bis fast 2000 m) konnte ich noch nie durchschnittlich so große Exemplare beobachten. Ob das nur an den anderen klimatischen Bedingungen liegt?
2. Es ist bekannt, dass sowohl Manica als auch Serviformica oft in Superkolonien leben. Bei Manica konnte ich immer wieder sehr frequentierte Laufstraßen über einige Meter zwischen einzelnen Nestern beobachten, dabei wird nicht selten auch Brut hin- und hergetragen. Seifert spricht von oligogynen Formationen, also Nestverbänden mit mehreren getrennt lebenden Königinnen, eine Möglichkeit zur Vereinheitlichung des Kolonieduftes bestünde etwa im regelmäßigen "Besuchen" der Arbeiterinnen untereinander oder im Austausch von Brut. Inzwischen ist erwiesen, dass es auch polygyne Nester gibt. Trotzdem scheint es zwischen einzelnen Arbeiterinnen bzw. gegenüber den Geschleschtstieren benachbarter Nester Aggressionspotential zu geben, das sich in gegenseitigem Halten, Herumzerren und ähnlichen Attacken äußert.
3. Die Ernährung ist für mich bis auf einen Punkt geklärt: Seifert spricht von zoophager und trophobioser Ernährung, auch tote Insekten werden angenommen. Trophobiose kommt häufig vor, nicht nur auf niedrigen Pflanzen, sondern auch Alleebäume (z. B. Ahorn) werden belaufen. In letzterem Fall muss man Manica aber eine gewisse "Unbeholfenheit" zuordnen: Arbeiterinnen mit vollem gastralem Magen bewegen sich etwas unsicher nach unten, manchmal hat man den Eindruck, dass sie beinahe abstürzen könnten. Kein Vergleich mit der Behändigkeit des Nahrungskonkurrenten Serviformica.
Unklar ist für mich, die auch von Reber beobachtete Situation von Nestern, die häufig oder ständig von Serviformia-Arbeiterinnen belagert werden. Ich kann nicht an die erfolgreiche Nachtaktivität von Manica glauben, denn auch Serviformica fuscocinerea kann durchaus nachts aktiv sein. Möglich wäre vielleicht eine Nutzung der Ausscheidungen von Wurzelläusen.
L.G.
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Manica rubida bei der gemeinsamen Verarbeitung einer Raupe
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Aus der ins Auge gefassten Nutzung des Honigtaus der Läuse wird nichts: Formica fuscocinerea nutzt bereits die Nahrungsquelle!
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Reber » Donnerstag 7. Juni 2018, 10:42

Trailandstreet hat geschrieben:Mein erster Gedanke dahingehend wäre wohl, dass die eher nachtaktiv sind und vielleicht da den Großteil ihrer Futterreserven eintragen.


Daran hab ich auch schon gedacht. Aber wie Boro bemerkte, scheinen Serviformica fuscocinerea nachts aktiv zu sein. Bei Wetterwechsel und wenn es eher leicht regenerisch ist, ist in den betreffenden Gebieten manchmal nur Manica anzutreffen, während sich die Serviformica nicht blicken lassen. Aber das reicht meines Erachtens kaum, um an genügend Nahrung zu kommen.

Boro hat geschrieben:Dabei ist mir aufgefallen, dass die unter Konkurrenzdruck stehenden Nester von Manica subjektiv gesehen größere Arbeiterinnen hervorbringen. Dieses Phänomen kann ich bis jetzt nicht erklären.


Da ist mir ebenfalls aufgefallen! Meine Manica im Formicarium wirken gegen solche mächtigen "Majore" wie (etwas grössere) Myrmica-Arbeiterinnen. Obwohl die Kolonie seit über 4 Jahren existiert und mehrere 100 Ameisen umfasst. Ich habe irgendwo gelesen, dass bei einer Pheidole sp. mehr Soldaten ausgebildet werden, nachdem ihre Arbeiterinnen über ein Gitter mit einer fremden Kolonie in Kontakt gebracht wurden. Umgekehrt bildet Solenopsis fugax nur grössere Arbeiterinnen aus, wenn sie nicht in unmittelbarer Nähe einer Wirtskolonie wohnt, die sie berauben kann, also anderweitig Nahrung suchen muss.

Es wäre auf jeden Fall ein Experiment wert...
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Re: Die größte mitteleur. Knotenameise: Manica rubida

Beitragvon Merkur » Donnerstag 7. Juni 2018, 14:15

Verstärkte Produktion von Soldaten bei Ameisenvölkern, die intraspezifischer Konkurrenz ausgesetzt sind.
(Pheidole pallidula)

Increased soldier production in ant colonies exposed to intraspecific competition. Luc Passera, Eric Roncin, Bernard Kaufmann & Laurent Keller
Nature volume 379, pages 630–631 (15 February 1996)

Abstract

THE success of organisms and their increasing complexity throughout the course of evolution are thought to have depended on a small number of important transitions, one of which was the shift from a solitary lifestyle to societies of organisms exhibiting division of labour and having specialized castes. The most familiar examples of the advantages arising from division of labour and caste differentiation come from social insects3. It has been suggested that the proportion of workers of various physical castes has evolved to enhance the fitness of colony members with the prediction that caste ratios should vary with environmental factors such as predation, competition and food availability. However, because it has been difficult to manipulate experimentally the environmental factors believed to influence optimal caste ratio, demonstration of adaptive caste distribution has remained elusive. Here we show that colonies of the ant Pheidole pallidula increase the relative investment in soldier production after perceiving the presence of foreign conspecific colonies. This is the first experimental demonstration of a social insect altering physical caste ratios in an adaptive manner.

MfG,
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