Prof. Walter Kirchner ist von uns gegangen

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Prof. Walter Kirchner ist von uns gegangen

Beitragvon Merkur » Montag 15. April 2019, 15:37

Heute erreichte mich die traurige Nachricht: Am 3. April 2019 verstarb Prof. em. Dr. Walter Kirchner, im Alter von 86 Jahren.

Den Ameisenhaltern ist er sicher bekannt, als Verfasser des Bändchens „Die Ameisen: Biologie und Verhalten“, 2001 und 2007 (2. Aufl.) im Verlag Beck, München.
Im AntWiki finden sich einige Zitate seiner deutschsprachigen wissenschaftlichen Arbeiten über Waldameisen, sowie ein gutes Foto:

Prof.-Walter-Kirchner.jpg
Prof. Dr. W. Kirchner.
Aus dem AntWiki
Außer mit Ameisen hat er sich mit der Biologie von Spinnen beschäftigt. Zuletzt war er bis zum Ruhestand (1999) an der RWTH Aachen tätig, in der Abteilung Zoologie und Humanbiologie, Institut für Biologie II
Mit Walter Kirchner verband mich eine lange Freundschaft seit unserer gemeinsamen Zeit am Institut für Angewandte Zoologie der Universität Würzburg (Leiter: Prof. Dr. K. Gößwald), wo er Wiss. Assistent war
während ich meine Doktorarbeit anfertigte. Wir haben Einiges gemeinsam unternommen, so vom Institut organisierte Exkursionen in den Bay. Wald, und in den Apennin bei Forli (Nähe Florenz).
Gemeinsam haben wir um 1965 im Nürnberger Reichswald die von Prof. Gößwald initiierten Waldameisenansiedlungen besucht: Es galt die dort eingesetzten Formica-Nester exakt zu bestimmen.
- Einige Jahre zuvor hatte J. C. Betrem (1960) „Ueber die Systematik der Formica rufa-Gruppe“ die Unterscheidung von Formica rufa und F. polyctena nach Behaarungsmerkmalen propagiert (ausführlich hier zu lesen).
Bis dahin hielt man alles, was polygyn, polydom und relativ klein war, für die „Kleine Rote Waldameise“ F. polyctena, während F. rufa größer und monogyn sein und in Einzelnestern vorkommen sollte.
Nach der neuen Taxonomie von Betrem gibt es jedoch von Formica rufa neben den monogynen Einzelnestern auch zahlreiche polygyn/polydome Kolonieverbände!
Nachdem in den 1950er Jahren im Nürnberger Reichswald beide Arten als „Kleine Rote Waldameise“ durcheinander angesiedelt worden waren, mussten wir dort gegen 400 Nester auf ihre Zugehörigkeit zu F. rufa
oder F. polyctena überprüfen, denn die polygyne F. rufa war für die künstliche Vermehrung weniger geeignet als die „echte“ F. polyctena. Es war nötig, von jedem Nest ein paar Individuen einzeln
festzuhalten und mittels Lupe gegen den Himmel auf Borsten an der Kopfunterseite zu kontrollieren. Obwohl wir Gummi-Fingerlinge trugen, hatten wir bald große Blasen an Daumen und Zeigefinger; die Säure ging durch!
Oft genug waren Walter und ich uns nicht einig. So mussten wir noch ein paar Tiere mehr ansehen. Aber wir haben schon richtig geschaut: Es gab tatsächlich gemischte Völker mit beiden Arten. - Doch genug der Anekdoten.

Walter Kirchner war ein guter Freund, ein warmherziger, hilfsbereiter und humorvoller Mensch. Noch im Januar dieses Jahres haben wir uns mal wieder telefonisch ausgetauscht.
Sein Ableben ist nicht nur für mich ein schmerzlicher Verlust.

(A. Buschinger)
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