Große Frage: Winterruhe?!

Hier können Fragen rund um das Thema Ameisenhaltung gestellt werden.

Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon ryuzaki » Dienstag 14. Juli 2020, 06:14

Guten Morgen Ameisenfreunde,

vor ein paar Wochen stieß ich auf das Thema Ameisenhaltung und war von Anfang an sofort begeistert und vom Ameisenfieber interessiert.
Seitdem habe ich einige Foren durchstöbert und YouTube-Videos angeschaut und mein Interesse hat sich weiter gefestigt.
Aber ich stehe vor einem großen Problem, zu dem ich bisher keine Antwort finden konnte: die Winterruhe.

Wo ich auch geschaut habe hieß es, dass für die Winterruhe der einheimischen Arten die Temperatur unter 10 Grad liegen muss.
Nun wohne ich in einem recht modernen Mietshaus, wo der Keller selbst im Winter vermutlich um die 15-18 Grad haben wird und ich fürchte ich habe keinen Platz die Ameisen im Kühlschrank zu halten. Geschweige denn, dass mein Partner nicht sonderlich begeistert sein würde, wenn für einige Monate ein Haufen Ameisen im Kühlschrank lagert.

Habt ihr vielleicht einen Rat für mich?

Grüße
Ryuzaki
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ryuzaki
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon Antspy » Dienstag 14. Juli 2020, 08:59

Hi!

Es gibt mehrere Möglichkeiten. Sollte ein Balkon verfügbar sein, kann man die Tiere dort überwintern, z.B. in einer Styroporbox. Eine andere Möglichkeit wäre, sich eine Art zu holen, die auch bei ~15°C im Keller überwintern kann, z.B. viele Messor sp.

Da es auch Arten gibt, die keine Winterruhe halten, würde ich mich in diesem Fall dafür entscheiden. Camponotus nicobarensis ist recht beliebt und für Anfänger geeignet. Recht große Tiere mit schöner Färbung, auch polygyn wenn man möchte, schnelles Wachstum und keine Winterruhe :)
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon ryuzaki » Dienstag 14. Juli 2020, 09:44

Hallo Antspy,

danke für deine rasche Rückmeldung.
Auf dem Balkon, bzw. der Terrasse wäre grundsätzlich eher schwierig, weil ich da nicht ausschließen könnte, das da nicht mal Nachbarskinder beigehen oder jemand gar die Styroporbox klauen würde.
Ich habe mir gerade mal die Camponotus angeschaut. Die gefällt mir gar nicht schlecht.
Natürlich sind dadurch jetzt neue Fragen aufgetaucht:
- Auf Antstore werden Temperaturen von Arena: 21 - 35°C Nestbereich: 24- 28°C angegeben. Das es bis 28 Grad rauf geht ist schon mal gut, das kann im Sommer ja schon mal passieren. Nun ist die Frage wie es aussieht, wenn man mal etwas unter die die Mindesttemperatur gerät. Im Winter wird gerade beim Lüften natürlich auch mal das Zimmer für eine Weile kühler. Muss dort mit einer Heizmatte gearbeitet werden oder vertragen die auch etwas niedrigere Temperaturen? Gerade im Nest bei mindestens 24 Grad stell ich es mir schwierig vor, das sicherzustellen.
- Die Koloniegröße wird auf mehr als 1.000 Tiere angegeben. Da frage ich mich grundsätzlich, also auch bei anderen Arten, wie viele Arenen, bzw. Nester man da so braucht, da Platz natürlich immer begrenzt ist und ich nicht unbegrenzt weit anbauen kann. Ich will natürlich auch nicht irgendwann an den Punkt kommen, wo man Tiere abtöten muss, davon halte ich nämlich gar nichts, wenn es keinen triftigen Grund hat.
- Messor würde mich grundsätzlich auch interessieren, da müsste ich aber erst den Winter abwarten um zu schauen wie tief die Temperatur im Keller tatsächlich sinkt, denn ich fürchte es sind eher die 18 Grad im Keller und weniger die 15 Grad.
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon Reber » Dienstag 14. Juli 2020, 12:43

Hallo ryuzaki,
Von welcher Camponotus Art sprichst du? Die heimischen Arten ohne Winterruhe zu halten kommt auf die Dauer nicht gut. Da musst du dir etwas einfallen lassen. Evtl kannst du dir eine elektrische Kühlbox zulegen, in welche dein Nest rein passt.

Zu den Temperaturangaben vom Händler: Die sind als Richtwert zu nehmen. Es kommt nicht aufs Grad genau an und machts nichts, wenn die Temperatur beim Lüften des Zimmers etc. unterschritten wird. Ich halte viel Arten bei Zimmertemperatur und ergänze im Winter mit Heizmatte oder Heizstrahler für einige Stunden.

Die Koloniegrösse welche die Shops angeben, werden bei einheimischen Camponotus erst nach mehreren Jahren erreicht. Viele Anfänger erwarten gerade bei Gründerkolonien eine zu rasante Entwicklung. Gerade wenn man die Winterruhe einhält, sind viele Mitteleuropäische Camponotsu langsam im Wachstum. Ich habe eine Kolonie Camponotus lingniperdus im fünften Jahr in einem einzigen Formicariun 20x30cm und einem externen Nest und eine Messor barbarus Kolonie im vierten Jahr mit drei Becken und drei Nestern. Hier kannst du dir ein Bild machen: https://www.ameisenportal.eu/viewtopic. ... =80#p18078
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon ryuzaki » Dienstag 14. Juli 2020, 15:23

Grüß dich, Reber.

Reber hat geschrieben:Von welcher Camponotus Art sprichst du?

Ich sprach von Camponotus nicobarensis, wie sie von Antspy vorgeschlagen wurden.

Reber hat geschrieben:Zu den Temperaturangaben vom Händler: Die sind als Richtwert zu nehmen. Es kommt nicht aufs Grad genau an und machts nichts, wenn die Temperatur beim Lüften des Zimmers etc. unterschritten wird. Ich halte viel Arten bei Zimmertemperatur und ergänze im Winter mit Heizmatte oder Heizstrahler für einige Stunden.

Das ist erstmal gut zu wissen. Ich nehme an, dass in so einem Fall so eine Heizfolie, welche ans Nest geklebt wird, ausreichend wäre? Ich glaub es wäre für mich einfacher, so eine Heizfolie an ein Nest zu kleben, als den ganzen Winter über eine Kühlbox zu betreiben.

Reber hat geschrieben:Die Koloniegrösse welche die Shops angeben, werden bei einheimischen Camponotus erst nach mehreren Jahren erreicht. Viele Anfänger erwarten gerade bei Gründerkolonien eine zu rasante Entwicklung. Gerade wenn man die Winterruhe einhält, sind viele Mitteleuropäische Camponotsu langsam im Wachstum. Ich habe eine Kolonie Camponotus lingniperdus im fünften Jahr in einem einzigen Formicariun 20x30cm und einem externen Nest und eine Messor barbarus Kolonie im vierten Jahr mit drei Becken und drei Nestern. Hier kannst du dir ein Bild machen: viewtopic.php?f=13&t=577&start=80#p18078

Ich erwarte auf keinen Fall eine rasante entwicklung, wäre sogar sehr zufrieden mit einer Kolonie, die langsam wächst. Um so mehr Zeit hat man dabei, zu lernen. Eine optimale Gattung, wie ich sie mir vorstelle wird denke ich sowieso schwer zu finden sein. Koloniegröße vielleicht nur ein paar Hundert, so das man sie in ein, zwei Nestern und Becken auf Dauer halten kann, ohne Winterruhe, da die Bedingungen bei mir nur schwer zu erfüllen wären und trotz allem eine anfängerfreundliche Gattung, die auch mal kleinere Fehler verzeiht.

Ich werde mich jetzt erstmal ein wenig mit der Nest-Erwärmung auseinander setzen.

Danke dir für deine Antwort.
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon Antspy » Dienstag 14. Juli 2020, 20:18

Ich heize bei meinen wärmeliebenden Arten mit einer 5-7 Watt Heizmatte - nicht mal aufgeklebt, nur angelehnt. Reicht vollkommen aus :) Von der Größe her sind eigentlich alle Kolonien die ersten 2-3 Jahre kein Problem und brauchen max. 2 Becken mit 15x15x25 und einem Nest dran.
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon Steffen Kraus » Dienstag 14. Juli 2020, 21:19

Hallo,
die Frage die sich stellt, was bedeutet denn Winterruhe? Auf Grund der Herkunft der Ameisen, eine klimatische Veränderung Kälte/Winter, wie z.B. in Europa oder?
Genau das oder, ist oft das Problem!
Sehr oft denkt man als Neuling in der Ameisenhaltung,
nehmen wir hier mal die schon genannte Camponotus nicobarensis als Beispiel, oh die kommt aus China also keine Winterruhe. Falsch!
Das Verbreitungsgebiet dieser Ameise ist riesig und sie kommt sogar in Gebieten vor, wo es sehr kalt im dortigen Winter wird.
Nun für mich ist es am besten, beim Händler, bei dem man bestellen möchte, anzurufen. Dieser weiß ja, woher er die Tiere bestellt oder selbst gefangen hat!
Hat man die genaue Herkunft erfahren, ist es recht einfach sich ein Klimadiagramm dieses Gebietes aus dem Internet zu besorgen.
Schon weiß man, ob sich die Angaben des Verkäufers mit dem dortigen Klima decken.
Dann hat man die Möglichkeit, selbst zu entscheiden......Haltung einer Ameise mit nötiger Winterruhe oder nicht.
Gruß, Steffen
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Re: Große Frage: Winterruhe?!

Beitragvon Merkur » Donnerstag 5. November 2020, 20:26

Auslassen der Winterruhe bei einheimischen Ameisen
Es passt wohl am besten hier hinein:

Im Ameisenforum hat Erne zu dem „ewigen“ Thema eine bemerkenswerte Empfehlung gegeben:
Aussetzen der Winterruhe, eine unendliche Geschichte!
Durch klimatische Gegebenheiten sind einheimische Arten dem angepasst, das sie Temperaturen ausgesetzt sind, wo sie kein Futter mehr finden, sich nicht mehr bewegen können.
In der Haltung gibt es immer wieder Bestrebungen, einheimischen Arten die Winterruhe zu verweigern.
Wenn es Dein Anliegen ist, mache es und las uns teilhaben an Deinen Beobachtungen.

Eine Anmerkung meinerseits dazu, etwas gallig:
Eine in Gefangenschaft gehaltene Königin/ Kolonie ist für die Freilandpopulation ohnehin so gut wie gestorben, an der Weitergabe ihrer Gene gehindert. Insofern ist es unwichtig, wie kurz oder lange sie
(d.h.ob ohne oder mit Überwinterung) am Leben gehalten wird.
Allerdings: Wenn dank falscher Haltungsbedingungen dann gleich nach ihrem Tod eine neue Königin/ Kolonie gesammelt / gekauft wird, entnimmt man eben jeweils ein weiteres Volk aus der Natur,
der Verbrauch an Tieren steigt.

Die sinnvolle Alternative wäre es, zwei Serien von Völkchen einer Art unter sonst gleichen Bedingungen mit bzw. ohne Überwinterungen nach wiss. Standards zu halten und das Ergebnis
(ob gleich oder verschieden) in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen. Das wäre natürlich für alle regelmäßig gehaltenen Arten separat erforderlich. Man könnte sich jederzeit auf die Veröffentlichung
berufen ohne endlos in Foren herumsuchen zu müssen. Danach könnte jeder Halter entscheiden, wie er seine Völker halten möchte.
Damit könnte unnötiger Tierverbrauch verringert werden, wenn nicht mehr ein beträchtlicher Teil der Halter aufgrund immer neuer Versuche seine Völker frühzeitig durch neue ersetzen müsste.

MfG,
Merkur
Edit 6. Nov.: Natürlich lassen sich die langwierigen Versuche auch vermeiden, wenn man sich Klimadaten ansieht und in der Haltung imitiert, sprich: Zur Kenntnis nimmt, dass es jahreszeitliche Änderungen in den Temperaturen gibt, denen die Tiere im Freien ausgesetzt sind, dass es tageszeitliche Temperaturwechsel gibt, und dass Tiere aus den Mittelbreiten wohl nirgends in konstant hohen Temperaturen leben. - Wenn man das berücksichtigt, kann man nicht viel falsch machen. Ob man die Tiere auch dauerhaft in der Wärme halten kann, ob sie davon Schaden erleiden oder gar frühzeitig sterben, ist für fast alle Arten unbekannt.
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