"Können Ameisen auch im Winter schwärmen?“

Hier können Fragen rund um das Thema Ameisenhaltung gestellt werden.

"Können Ameisen auch im Winter schwärmen?“

Beitragvon Merkur » Montag 18. Februar 2019, 12:06

Frage aus dem Ameisenforum:
„Wenn jetzt z.B. im Januar so 1-2 Wochen so um die 15 ° C hätte, kann es dann sein, dass die Ameisen schon schwärmen weil sie denken es ist Frühling“

Die Frage, und die anschließende Diskussion, erwecken den Eindruck, dass über den Jahreszyklus der einheimischen (Mitteleuropa) Ameisenarten doch zum Teil unrealistische Vorstellungen herrschen.

„Schwärmen“, abfliegen, können ja nur adulte, reife Geschlechtstiere, und dazu müssen diese doch erst mal in den Nestern vorhanden sein.


Maddio schreibt zutreffend::
„Dabei ist zu bedenken, dass z.B. bei den großen Camponotus-Arten die Geschlechtstiere mit überwintern und somit direkt im Frühjahr schon bereitstehen, also nicht erst aufgezogen werden müssen.“

Dies ist aber die Ausnahme, die keinesfalls verallgemeinert werden kann.
Die große Mehrzahl unserer Ameisenarten hat im Winter keine geflügelten Gynen und Männchen in den Nestern!

- Entweder ist überhaupt keine Brut vorhanden (Formica spp.), so dass etwa bei den großen Waldameisen zunächst während und nach der „Sonnung“ (gelegentlich bereits im Feb., meist März) erst mal Eier abgelegt werden müssen. Dank des Wärmehaushalts (nur in den großen Nesthügeln der Waldameisen!) sowie der Reservestoff-Einlagerung der Arbeiterinnen (keine oder wenig Nahrung aus der Umgebung verfügbar!) und der kurzen Entwicklungsdauer der Brut können sich recht früh daraus Larven entwickeln, sich verpuppen, und gegen Ende April bzw. im Mai schwärmende Geschlechtstiere entstehen.

- Oder (bei den meisten einheimischen Ameisenarten) es sind im Winter Larven vorhanden, die aber geschrumpft und inaktiv im Nest liegen. Bei entsprechenden Temperaturen UND wenn wieder Nahrung eingebracht werden kann (Blattlaus-Honigtau, Insektenbeute) werden diese Larven angefüttert, verpuppen sich, schlüpfen (jeweils nach artabhängig unterschiedlichen Zeiten!), und „warten“ auf den Schwarmzeitpunkt. Auch das dauert seine Zeit, vielleicht gegen 2-3 Wochen, in denen die jungen Geschlechtstiere ausreifen, noch gefüttert werden und Reservestoffe einlagern. Erst dann können passende Klimabedingungen das Ausschwärmen auslösen!

Entscheidend ist also nicht irgend ein endogener Rhythmus, eine „innere Uhr“, sondern eine an den klimatischen Jahresablauf und die Verfügbarkeit von Nahrung angepasste Aufzucht von Geschlechtstieren zur richtigen Zeit.

Eine weitere in der Diskussion genannte Art, Prenolepis nitens, lebt in Südosteuropa, passt also nicht hierher. Angeblich schwärmt sie bereits Ende März bis Ende Mai.

MfG,
Merkur
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